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Handys führen nicht zu Hirntumoren

Ergebnisse einer großen multinationalen Kohortenstudie veröffentlicht

Die COSMOS-Studie mit 264.000 Personen aus Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Schweden und Großbritannien zeigt: Handys führen auch bei starker Nutzung nicht häufiger zu Gliomen, Meningeomen oder Akustikusneurinomen.

Eine Frau sitzt am PC und telefoniert mit ihrem Handy am Ohr
Ob privat oder bei der Arbeit – das Telefonieren mit dem Smartphone gehört heute zum Alltag. © Karolina Grabowska, Pexels

Gliome sind die häufigsten bösartigen primären Hirntumoren. Insgesamt sind Gliome aber selten: Jedes Jahr erkranken in Deutschland gut 6.000 Menschen. Ähnliche Zahlen gibt es für die meist gutartigen Meningeome. Die ebenfalls gutartigen Akustikusneurinome treten noch seltener auf. Die Auslöser der verschiedenen Hirntumoren sind weitgehend unbekannt. Einige seltene Tumorsyndrome können eine Rolle spielen, oder eine Strahlentherapie im Kopfbereich, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen.

Das Telefonieren mit dem Handy erhöht älteren Studien zufolge das Risiko für Hirntumoren nicht1. Ob dies auch für eine sehr intensive und langfristige Nutzung von Mobiltelefonen gilt, wurde nun in der groß angelegten COSMOS-Studie untersucht.

Die COSMOS-Studie

Die COSMOS-Studie (International cohort study of mobile phone use and health) ist eine prospektive Langzeitstudie zu möglichen gesundheitlichen Folgen bei Mobiltelefon-Nutzenden ab 18 Jahren. 

Für die Studie werden detaillierte Daten zur Handynutzung erhoben, auch zu intensivem und langdauerndem Gebrauch oder sich über die Zeit wandelnden Gewohnheiten (beispielsweise Bluetooth-Kopfhörer). Die Studie startete 2008 und soll voraussichtlich bis 2037 laufen. Anfang März 2024 sind die COSMOS-Daten zum Risiko für Hirntumoren veröffentlicht worden.

Fokus auf Hirntumoren

Hazard und Hazard Ratio

"Hazard" (engl. für "Risiko") bezeichnet die Wahrscheinlichkeit, mit der in einer Gruppe von Menschen, die für eine bestimmte Zeit unter Beobachtung steht, in dieser Zeit ein "Ereignis" eintritt.

Die Hazard Ratio, HR (Risiko-Verhältnis), ist ein Maß dafür, wie groß das Risiko für ein Ereignis in einer Gruppe im Vergleich zu einer Referenzgruppe ist. Es berechnet sich aus dem Quotienten der Hazards beider Gruppen.

Bei einem Wert von 1 ist das Risiko gleich. Ein Wert über 1 spricht für ein höheres, ein Wert unter 1 für ein niedrigeres Risiko in der Beobachtungsgruppe.

Wann ein höheres oder niedrigeres Risiko statistisch signifikant ist, kann von Studie zu Studie variieren.

Maria Feychting und ihre Kollegen stellen in dem Artikel "Mobile phone use and brain tumour risk – COSMOS, a prospective cohort study" erstmals die Datenlage zum Risiko für Hirntumoren aus der COSMOS-Studie dar.

Die Datengrundlage: Es wurden Daten von 264.574 Teilnehmenden gesammelt – das entspricht über 1,8 Mio. Personenjahre. Grundlage sind Baseline-Fragebogen mit umfassenden Angaben zur persönlichen Handynutzung. Zusätzlich wurden auch objektivierbare Verbindungsdaten ausgewertet. In den nachfolgenden Jahren (im Median 7,1 Jahre) erfassten die Untersucher über die bevölkerungsbezogenen Krebsregister die Anzahl der Hirntumoren in der untersuchten Gruppe.

Die Fragestellung: Insgesamt traten in der untersuchten Gruppe 149 Gliome, 89 Meningeome und 29 Akustikusneurinome auf. Die Autoren verglichen bei ihren Auswertungen nun, ob die entsprechenden Tumoren bei längerer, intensiverer Handynutzung häufiger auftraten als bei kürzerer und geringerer Nutzung.

Die Analyse: Dafür wurde zunächst die Zeitspanne ermittelt, in der Handys regelmäßig genutzt wurden: Diese unterteilten die Autoren dann für Gliome und Meningeome in 3 Abschnitte von 0 – 9, 10 – 14 und ≥ 15 Jahren und für Akustikusneurinome in 2 Abschnitte von 0 – 15 und > 15 Jahren. Anhand der Gesamtstunden der Handynutzung wurden darüber hinaus Perzentile erstellt. Dann ermittelten die Untersucher die um mögliche Störfaktoren bereinigten (adjustierten) Hazard Ratios, sowohl für bestimmte Stundenbelastungen als auch für Nutzungsjahre.

Die Ergebnisse in Kürze

Eine intensive Handynutzung war nicht mit einem statistisch signifikant erhöhten Risiko für den jeweiligen Hirntumor-Typ verbunden.

Die Perzentilenauswertung: Die Hazard Ratio pro 100 Stunden Handynutzung betrug

  • für Gliome 1,0
  • für Meningeome 1,01
  • für Akustikusneurinome 1,02

Das heißt: Pro 100 Stunden, die das Handy länger genutzt wurde, stieg das Risiko für die untersuchten Tumoren nicht statistisch signifikant an.

In Nutzungsjahren ausgedrückt: Für Akustikusneurinome lag die Hazard Ratio bei mehr als 15 Jahren Nutzung im Vergleich zu unter 15 Jahren bei 0,76. Für Gliome (G) und Meningeome (M) ergaben sich jeweils im Vergleich zum Zeitraum von 0 – 9 Jahren folgende Hazard Ratios:

  • für 10 – 14 Jahre: 0,81 (G) bzw. 1,22 (M)
  • für mehr als 15 Jahre: 0,97 (G) bzw. 1,24 (M)

Insgesamt galt auch hier: Das Risiko war in keinem Fall statistisch signifikant unterschiedlich.

Fazit und Ausblick

Zusammen mit den Daten anderer Studien bekräftigen die Ergebnisse, dass auch eine intensive Handynutzung nicht mit einem erhöhten Risiko für Hirntumoren einhergeht. Weiterhin gilt jedoch: Jede und jeder kann seine individuelle Belastung durch elektromagnetische Felder bei der Handynutzung verringern. Entsprechende Tipps vom Bundesamt für Strahlenschutz hat der Krebsinformationsdienst für Sie zusammengestellt.

Derzeit werden potenzielle Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf die Gesundheit in verschiedenen Studien – wie etwa der noch laufenden COSMOS – weiter untersucht.



krebsinformationsdienst.med: Service für Fachkreise



Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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